TAXNEWS
Klienteninformation, verfaßt von Mag. Johannes Meller
Ausgabe Nr. 69 vom Juni 2016
Inhaltsverzeichnis:
1. Ministerrat beschließt Erleichterungen zur Registrierkassenpflicht
2. Aktuelle Finanzamts-Zinssätze
3. Mehr als 20 Jahresmieten Kaufpreis für eine Vorsorgewohnung rechnen sich nicht immer
1. Ministerrat beschließt Erleichterungen zur Registrierkassenpflicht
Der Ministerrat hat am 21.06.2016 einige Erleichterungen zur Registrierkassenpflicht beschlossen. Die Eckpunkte sind unter anderem:
- Verschieben des Inkrafttretens für die verpflichtende technische Sicherheitseinrichtung von Registrierkassen vom 01.01.2017 auf den 01.04.2017
- erzielen Unternehmen einen Teil ihrer Umsätze außerhalb von festen Räumlichkeiten (im Freien), sollen diese Umsätze - losgelöst vom Gesamtumsatz - von der Registrierkassenpflicht ausgenommen werden, wenn sie € 30.000 nicht überschreiten (sogenannte Kalte-Hände-Regelung)
- für kurzfristig unentgeltlich aushelfende Familienangehörige soll künftig grundsätzlich gelten, dass es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis, sondern um familienhafte Mithilfe handelt.
2. Aktuelle Finanzamts-Zinssätze
Der Zinssatz für Stundungszinsen liegt derzeit 4,5 % über dem Basiszinssatz, ab 16.3.2016 wurde der Basiszinsatz mit
-0,62 % festgesetzt, Stundungszinsen betragen derzeit 3,88% pro Jahr. Stundungszinsen fallen für Ratenzahlungen an das Finanzamt an, wenn die Stundungszinsen € 50,- übersteigen. Unter € 50,- werden die Stundungszinsen nicht festgesetzt, darüber fallen die Zinsen zur Gänze an (Prinzip einer Freigrenze).
Anspruchszinsen fallen an für Steuernachzahlungen von Einkommen- oder Körperschaftsteuer 2015, die nach dem 01.10.2016 geleistet werden. Anspruchszinsen fallen auch an, wenn bis 30.09.2016 noch kein Steuerbescheid 2015 ergangen ist, weil die Steuererklärung 2015 fristgerecht nach dem 30.09.2016 beim Finanzamt eingereicht wird. Für Anspruchszinsen besteht eine Freigrenze von € 50,-. Anspruchszinsen können durch eine freiwillige Akontozahlung von Einkommen- oder Körperschaftsteuer bis 30.09.2016 vermieden werden.
Finanzamts-Zinsen |
bis 15.03 2016 |
ab 16.03 2016 |
Stundungszinsen |
4,38 % |
3,88 % |
Anspruchszinsen |
1,88 % |
1,38 % |
Berufungszinsen |
1,88 % |
1,38 % |
Aussetzungszinsen |
1,88 % |
1,38 % |
3. Mehr als 20 Jahresmieten Kaufpreis für eine Vorsorgewohnung rechnen sich nicht immer
„Rasch vorsorgen, die Uhr tickt laut, wenn Sie sich noch eine der wenigen verbliebenen Vorsorgewohnungen sichern wollen.“ Vorsorgewohnungen werden in einem Inserat als krisensicher und inflationssicher beworben. Sie bieten lt. Inserat steuerliche Vorteile wie Vorsteuerabzug, Absetzbarkeit von Zinsen und Beratungskosten und stabile Erträge unabhängig von der Entwicklung der Kapitalmärkte.
Nicht zur Sprache kommt im Inserat hingegen die wesentliche Frage, welche Mietrendite mit einer Vorsorgewohnung erzielbar ist. Offen bleibt auch, ob der Kauf einer Vorsorgewohnung zu einem Kaufpreis, der 30 Jahresmieten entspricht, für den Käufer ein gutes Geschäft ist - kann eine solche Vorsorgewohnung in 20 Jahren auch um 30 Jahresmieten wieder verkauft werden?
Lesen Sie dazu den folgenden Artikel „Geld versenken in Prora auf Rügen“
von Volker Looman, FAZ vom 24.05.2016
Bauherrenmodell - Ostwohnung - Denkmalschutz. Die Geschichte der Steuersparmodelle ist lang, und ich habe den Eindruck, dass die Sache erst zu Ende sein wird, wenn es keine Steuern mehr geben wird, also nie. Ich weiß nicht, ob Sie sich überhaupt noch an die Bauherrenmodelle erinnern können, jene überteuerten Neubauwohnungen, die vor 30 Jahren in Mode waren. Danach kamen die Immobilien im wilden Osten auf den Markt: überzogene Preise in mäßigen Lagen mit der Perspektive, die Objekte nicht einmal zu Spottpreisen wieder verkaufen zu können.
Die Bauherrenmodelle und Ostwohnungen waren harmlose Vorboten der Denkmäler, die zurzeit angeboten wer-den. Wenn ich die Preise sehe, frage ich mich, wo die Anleger ihren Verstand gelassen haben, als sie beim Notar saßen und die Kaufverträge unterschrieben. Darf ich Ihnen den finanziellen Hintergrund meiner bissigen Frage an einem Beispiel erläutern?
Nehmen Sie ein, zwei oder drei Denkmäler. Die Zahl ist egal, entscheidend ist der Ertrag. Er möge bei 25 000 EUR pro Jahr liegen. Die meisten Objekte kosten, wie im Internet zu sehen ist, zwischen 30 und 50 Jahresmieten. Jawohl, liebe Leser, Sie haben richtig gelesen. Im Mittel werden 40 Jahresmieten gefordert und auch bezahlt. Die Multiplikation von 25 000 EUR mal 40 ergibt, 1.000.000 EUR. Dagegen ist in meinen Augen nichts zu sagen, weil 100 durch 40 eine Bruttorendite von 2,5 Prozent pro Jahr ergibt. Wer bei Autos, Immobilien und Pferden auf solche Renditen vertraut, wird aber mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Hölle landen, weil diese Anlagen überteuerte "Verschleißartikel" sind, wenn ich das so drastisch ausdrücken darf.
Die runde Million können Sie - grob gesagt - auf drei Blöcke aufteilen: 15 Prozent für das Grundstück, 10 Prozent für die Altbausubstanz und 75 Prozent für die Sanierung des Denkmals. Der letzte Posten weckt die Begehrlichkeiten aller Spitzenverdiener. Er darf innerhalb von 12 Jahren abgeschrieben werden. Im vorliegenden Fall können 750 000 EUR abgesetzt werden. Das führt bei einem Steuersatz von 40 Prozent zu einem Vorteil von
300 000 EUR, so dass die üblichen Verdächtigen, also Anwälte, Manager, Mediziner, Unternehmer und Zahnärzte zu Recht fragen, wo der Haken liegen soll, schließlich seien 30 Prozent doch 30 Prozent.
Bei dieser Betrachtung kann ich nur sagen: Alles ist relativ, doch was zu viel ist, ist einfach zu viel. Oder würden Sie für einen "betrieblichen" Porsche 911 Turbo, der rund 200 000 EUR kostet, freiwillig 400 000 EUR bezahlen, nur weil Sie statt 40 000 jetzt 80 000 EUR als Aufwendungen absetzen dürfen? Nicht anders verhalten sich freilich "steuersparwütige" Anleger bei Denkmälern. Sie bezahlen für Objekte, die 20 bis 25 Jahresmieten wert sind, glatt das Doppelte, weil sich das so schön rechnet.
Begünstigt wird der "Betrug" durch billige Kredite. Die meisten Menschen haben keine Million auf dem Konto, doch ein "flotter" Kredit von 800 000 EUR senkt den Einstand auf verträgliche 200 000 EUR. Noch angenehmer ist freilich die Tatsache, dass sich die Erträge (25 000 EUR), die Steuervorteile (28 000 EUR), die Zinsen (2,5 Prozent oder 20 000 EUR), und die Tilgung bei einem Satz von 4 Prozent (32 000 EUR) mehr oder weniger die Waage halten. Das ist für viele Anleger äußerst angenehm. Sie müssen kein Geld nachschießen, und es sind keine Überschüsse wieder anzulegen. Folglich betreiben die Anleger zwölf Jahre ein Nullsummenspiel. Was an Mieten und Steuerrückzahlungen hereinkommt, wird für Zins und Tilgung verwendet.
Das dicke Ende kommt in 12 Jahren. Die Restschuld wird, das steht schon heute fest, ungefähr 359 000 EUR betragen. Und wie viel Geld wird das Denkmal zu diesem Zeitpunkt wert sein? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine Million sein wird, nein, liebe Leser, so viel Phantasie habe ich nicht. Die hohen Vergünstigungen sind zu Ende, der nächste Käufer kann nur noch die normale Abschreibung geltend machen, und ich gehe davon, dass ein vernünftiger Anleger für ein 12 Jahre "altes" Denkmal vielleicht 20 Jahresmieten auf den Tisch legen wird. Das werden bei einer jährlichen Mietsteigerung von 1 Prozent rund 569 000 EUR sein. Folglich liegt zwischen der Restschuld und dem Verkaufswert eine Differenz von 210 000 EUR.
Bitte betrachten Sie in Ruhe den Zahlungsstrom. Er ist einfach und klar, ich finde ihn von bestechender Schönheit. Sie legen 200.000 EUR auf den Tisch und bekommen nach 12 Jahren voraussichtlich 210.000 EUR zurück. Das ist eine Verzinsung von 0,4 % pro Jahr. Wenn bei diesem Geschäft für Sie mehr abfallen soll, brauchen Sie die Rechnung nur umzukehren. Wenn es 6 % sein sollen, ist in zwölf Jahren ein Endwert von 402.000 EUR nötig. Zuzüglich der Restschuld (359.000 EUR) müssten Sie das Objekt für 761.000 EUR oder 27 Jahresmieten verkaufen.
Ich will nicht ausschließen, dass Sie das schaffen werden, doch mal ganz ehrlich, liebe Anleger: Brauchen Sie dafür diesen Aufriss? Denkmäler im "Wert" von einer Million EUR? Kredite in einer Größenordnung von 800 000 EUR? Ist das wirklich nötig, oder geht das nicht auch einfacher? Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie das brauchen, dass Sie sich das verdient haben, dann habe ich für Sie die ultimative Empfehlung: Fahren Sie nach Prora! Dort können Sie, wenn Sie sich beeilen, alles bekommen, was Ihr großes Herz begehrt.
Prora liegt auf Rügen und war, wie Sie vielleicht wissen, der Standort der größten Ferienanlage der Nationalsozialisten. Der etwa 4,5 Kilometer lange "Koloss von Prora" sollte jährlich 20 000 Urlaubsgäste beherbergen. Aus der "Kraft durch Freude" ist aber nichts geworden. Stattdessen wurde aus dem Ungetüm nach Ende des Krieges eine stalinistische Großkaserne. Nun ist in Prora das dritte Kapitel aufgeschlagen worden: Denkmalschutz und Ferienwohnungen! Gönnen Sie sich ein langes Wochenende auf Rügen. Die Insel ist ein Paradies. Schauen Sie sich die Wohnungen an! Lauschen Sie den salbungsvollen Worten der Verkäufer! Schauen Sie in die leuchtenden Augen runder Wohlstandsbürger, wenn ihnen Steuervorteile in Aussicht gestellt werden. Genießen Sie die große Geldvernichtung am Ostseestrand. Darf ich Sie trotzdem um einen kleinen Gefallen bitten? Fahren Sie nüchtern nach Prora, nehmen Sie einen Taschenrechner mit, werfen Sie einen Blick in die Preislisten, und teilen Sie die Beträge durch die Jahresmieten. Sie werden staunen, was dabei herauskommen wird, es ist nicht zu fassen und doch wahr!
Der Autor ist Finanzanalytiker in Stuttgart.