STEUERBERATER - WIRTSCHAFTSTREUHÄNDER

TAXNEWS
Klienteninformation, verfaßt von Mag. Johannes Meller
Ausgabe Nr. 113 vom Februar 2022

2. Jährliche Anträge auf Herabsetzung oder Erhöhung der SV-Beiträge und Einkommensteuer-Vorauszahlungen: für manche Klienten zu empfehlen

Für einen Selbständigen ist es jedes Jahr erneut erforderlich, die Höhe der von der SVS vorgeschriebenen vorläufigen SV-Beiträge für die Sozialversicherungsbeiträge zu überprüfen: Passt die Höhe der SV-Beiträge zum voraussichtlichen Jahresgewinn?

Die SVS schreibt die vorläufigen SV-Beiträge 2022 anhand der endgültigen Beitragsgrundlage für das Jahr 2019 multipliziert mit einem Aufwertungsfaktor, dem sogenannten Aktualisierungsfaktor in Höhe von 1,087 (Wert für 2022 im Verhältnis zu 2019) vor.

Folgendes Beispiel soll das erläutern: Die endgültige Beitragsgrundlage 2019 betrug € 1.541,71. € 1.541,71 x 1,087 = € 1.675,84 vorläufige Beitragsgrundlage für 2022. Hier erkläre ich das System der vorläufigen und endgültigen SV-Beitragsgrundlage:

Zum Gewinn 2019 (Zeile 1) werden die vorgeschriebenen Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge als „Hinzurechnungsbetrag“ (Zeile 2) addiert, dann erhält man als Summe in (Zeile 3) das Jahres-Bruttoeinkommen des Selbständigen, gewissermaßen 12 Bruttogehälter. Mit der vorläufigen Beitragsgrundlage 2019 (Zeile 4) wird das endgültige Bruttoeinkommen 2019 (Zeile 5) verglichen: die monatliche Differenz (Zeile (6) multipliziert mal 12 Monate multipliziert mit dem Beitragssatz ergibt die Höhe der Nachzahlung oder Gutschrift (Zeile 9).
Die Gutschrift erfolgt sofort, die Nachzahlung wird ab dem auf den Steuerbescheid folgenden Jahr in vier vierteljährlichen Raten vorgeschrieben,
gleichzeitig mit den SV-Beiträgen für das aktuelle Jahr.

Nun ist es nicht zutreffend, dass der Gewinn eines Selbständigen alle drei Jahre um 8,7% steigt:
.) Wenn der Gewinn konstant geblieben ist, ist ein Herabsetzungsantrag der SV-Beiträge zu überlegen.
.) Wenn der Gewinn stärker als 8,7% gestiegen ist, so ist ein Antrag auf Erhöhung der vorläufigen SV-Beitragsgrundlage erforderlich.

 1.     Wieso ist es empfehlenswert, freiwillig eine Erhöhung der vorläufigen SV-Beitragsgrundlage zu beantragen?

Die SV-Beiträge reduzieren den steuerpflichtigen Gewinn des laufenden Jahres und damit die Einkommensteuer. Wenn ein Selbständiger viel zu niedrige SV-Beiträge vorausbezahlt, dann wird ihm im zweitfolgenden Jahr (dem Jahr, das auf den Steuerbescheid folgt), die SV-Nachzahlung vorgeschrieben. Wenn dieser Selbständige auch im Folgejahr viel zu niedrige SV-Beiträge vorausbezahlt, dann hat er nach zwei Jahren SV-Schulden für zwei Jahre auflaufen lassen. Wenn ein Selbständiger das Einreichen der Steuererklärung länger als ein Jahr hinauszögert, dann können so SV-Schulden für drei Jahre zusammenkommen. Verbunden mit Einkommensteuer-Nachzahlungen, können sich so bis zu 100% Schulden, berechnet vom Jahreseinkommen, auftürmen. Mir sind Einzelfälle bekannt, in denen dem oder der Betroffenen ein Privatkonkurs als einziger bitterer Ausweg blieb.

Präventionsmaßnahmen sind
1) jährliche Anpassung der SV-Beiträge und der Einkommensteuer-Vorauszahlungen
2) Fertigstellung der Einkommensteuererklärung für das Vorjahr bis Oktober des Folgejahres
3) Führen eines Zweitkontos für das Ansparen von SV- und Einkommensteuernachzahlungen.

In meinem Artikel für Gründer, der unter dem Link
https://www.meller.biz/index.php/Gruender.html abrufbar ist, habe ich das Ansparen und die Entnahme von Nachzahlungen an SV-Beiträgen und Einkommensteuer, in 6 Jahren dargestellt und beschrieben.

 2.     Welche Antragsfrist gibt es für den Antrag auf Herabsetzung oder Erhöhung der vorläufigen SV-Beitragsgrundlage?

Anträge sind ca. von 7. Jänner bis 7. Oktober des laufenden Jahres möglich.

 3.     Welche Antragsfrist gibt es für den Antrag auf Herabsetzung oder Erhöhung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen?

Anträge sind ca. von Dezember des Vorjahres bis 30. September des laufenden Jahres möglich. Der 30. September ist der letzte Tag der Antragsfrist!

4.     Wann wirkt der Anpassungsantrag der SV-Beiträge?

Wenn man den Antrag bis 30.04. stellt, so fällt die Ausgleichszahlung im 2. Quartal statt im 4. Quartal an und die Beiträge sind gleichmäßiger über das Jahr verteilt.

Aber auch bei Antragstellung bis 31.07. kann eine starke Ungleichverteilung auf die 4 Quartale reduziert werden. Die Zahlungen werden wie folgt vorgeschrieben:

Wenn man erst bis 30.09.2022 einen Antrag auf Erhöhung der SV-Beitragsgrundlage von € 1.500,-- auf
€ 3.000,-- stellt, so wird die Erhöhung für die ersten drei Quartale 2022 gemeinsam mit den höheren SV-Beiträgen für das 4. Quartal bis 30.11.2022 vorgeschrieben:

Die Summe der SV-Beiträge für 2022 ist im Beispiel in allen drei Varianten gleich hoch.

Abschließend kann man sagen, dass es leichter ist, im Jahr 2022 die Übersicht über Nachzahlungen von SV-Beiträgen und Einkommensteuer zu behalten, wenn
nur eine niedrige SV-Nachzahlung 2022 zu erwarten ist,
weil man rechtzeitig die Anpassung (Herabsetzung oder Erhöhung) der SV-Beiträge beantragt hat.

Die Anpassung der SV-Beiträge ist deswegen vorrangig gegenüber der Anpassung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen, weil die SV-Beiträge die Einkommensteuer reduzieren, nicht jedoch die Einkommensteuer-Vorauszahlungen. (Einkommensteuer-Vorauszahlungen sind keine Betriebsausgabe und reduzieren nicht den steuerpflichtigen Gewinn.)

 5.     Warum werden die SV-Beiträge zum Gewinn lt. Steuerbescheid hinzugerechnet, um die SV-Beitragsgrundlage zu ermitteln?

Weil die SV-Beiträge von Angestellten und Arbeitern ebenfalls vom Bruttogehalt bzw. Bruttolohn berechnet werden. Die SV-Beiträge haben ja als Betriebsausgabe den Gewinn reduziert, deshalb werden die SV-Beiträge zum Gewinn hinzugerechnet, um das Brutto-Jahreseinkommen zu ermitteln.

 6.     Ist ein unterlassener Anpassungsantrag der SV-Beiträge nachteilig oder egal?

Das hängt von der Art und Höhe der erwarteten Gewinnschwankung zwischen 2022 und 2023 ab.

Szenario 1) ca. gleich hoher Gewinn im Folgejahr erwartet->keine Anpassung der SV-Beiträge erforderlich

Szenario 2) höherer Gewinn im Folgejahr erwartet-> keine Anpassung der SV-Beiträge erforderlich

Bei Erwartung eines steigenden Gewinns im Folgejahr kann eine SV-Nachzahlung im Folgejahr bezahlt werden.

Szenario 3) niedrigerer Gewinn im Folgejahr erwartet-> Anpassung der SV-Beiträge erforderlich!

Der Einkommensteuertarif zwischen 18.000 € und 31.000 € sinkt im Jahr 2022 von 35% (Wert für 2021) auf 32,5% (Wert für 2022). Besonderheit in 2023:
Der Einkommensteuertarif zwischen 18.000 € und 31.000 € wird von 32,5% auf 30% (Wert für 2023) sinken, deshalb sind eher höhere SV-Beiträge für 2022 zu empfehlen.

Die fünf relevanten Sprungstellen des Einkommensteuertarifs sind:

11.000 € Spitzen-/ Grenzsteuersatz springt von 0% auf 20%
18.000 € Spitzensteuersatz springt von 20% auf 32,5% (Wert für 2022) bzw. auf 30% (Wert 2023).
31.000 € Spitzensteuersatz springt auf 42%
60.000 €Spitzensteuersatz springt von 42% auf 48%
90.000 €Spitzensteuersatz springt von 48% auf 50%