TAXNEWS
Klienteninformation, verfaßt von Mag. Johannes Meller
Ausgabe Nr. 65 vom November 2015

1.    Steuerspartipp: Freibetrag für investierte Gewinne auch für 2015 möglich

Der Gewinnfreibetrag kann auch 2015 wieder für Bilanzierer und Einnahmen-/Ausgabenrechner in Anspruch genommen werden. Dieser gliedert sich in einen Grundfreibetrag und in einen Freibetrag für investierte Gewinne-FBiG.

a) Grundfreibetrag

Der Grundfreibetrag steht für Gewinne bis 30.000,-Euro jährlich zu und soll einen steuerlichen Ausgleich zur begünstigten Besteuerung von sonstigen Bezügen (13./14. Monatsbezug) von Nichtselbstständigen darstellen.

Es werden 13 %von bis zu 30.000,-Euro der Steuerbemessungsgrundlage pro Steuerpflichtigem im Kalenderjahr abgezogen, es ist keine Investition dafür erforderlich. Dadurch ergibt sich ein Grundfreibetrag von bis zu 3.900,-Euro.

b) Freibetrag für investierte Gewinne

Hierfür muss eine Investition in neue körperliche Anlagegüter mit einer Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren getätigt werden. Ausgenommen sind Investitionen in Grund und Boden, Luftfahrzeuge, PKW's, sofort abgesetzte GWG's, Wirtschaftsgüter, für die ein Forschungsfreibetrag oder eine Forschungsprämie geltend gemacht wurde und gebrauchte Wirtschaftsgüter.

Als begünstigte Investition gilt auch die Anschaffung von Wohnbauanleihen mit einer Mindestlaufzeit von vier Jahren. Die Einschränkung auf Wohnbauanleihen wurde im Zuge des Steuerbelastungspaketes 2014 eingeführt und gilt ab 01.07.2014. Die KESt-Befreiung bis 4% p. a. für Wohnbauanleihen gilt nur für Privatanleger. Bei der Veranlagung von Wohnbauanleihen über ein betriebliches Depot (KMU-Depot) ist die Kapitalertragssteuer auf den Zinsertrag zu entrichten. Die derzeitige Rendite einer fixverzinslichen Wohnbauanleihe 2015-2026/01 beträgt 1,1%. Es steht dem Unternehmer frei, die Wohnbauanleihen nach vier Jahren in sein Privatvermögen zu übernehmen, um ab diesem Zeitpunkt den Steuervorteil zu nutzen. Steuerlich vorteilhafter ist es allerdings, die Wohnbauanleihe über die Börse zu verkaufen und eine neue Wohnbauanleihe oder einen Gegenstand des Sachanlagevermögens zu kaufen, um nach vier Jahren neuerlich einen Freibetrag für investierte Gewinne steuerlich geltend zu machen.

Die Inanspruchnahme des FBiGs ist deswegen zu empfehlen, da die Rendite von bis zu 43%, die aus der Einkommensteuerersparnis 2015 erzielt wird, wirklich interessant ist. Dazu ein Beispiel:

Eine Fotografin hat von 1-10/2015 einen Gewinn von € 34.000,- erzielt. Sie erstellt ihre Buchhaltung laufend und nicht nur einmal im Jahr. Für 11-12/2015 budgetiert sie einen Gewinn von € 5.000,-

Weiterführende Informationen sind unter folgendem Link abrufbar:

https://www.meller.biz/index.php/id-2014-10-fbig-2014-wohnbauanleihen-oder-sachanlagen.html

 

2.    Grundsätze der Unternehmensführung: Fehlermanagement

 

Quelle: FAZ vom 03.08.2015 von Jan Hagen, Associate Professor an der European School of Management and Technology Berlin.

Wir sind immer wieder überrascht, wie lange ein Fehler sich in einem Unternehmen entfalten, durchsetzen und an den nächsten reihen kann.

Ein offenes, faktenorientiertes Fehlermanagement, das niemanden in Verlegenheit bringt, kann erfolgreich sein; die Luftfahrt hat es vorgemacht: Mit Hilfe der Analyse einer Vielzahl von Flugunfällen wurde zu Beginn der 1980er Jahre, unter Federführung der US Federal Aviation Administration (FAA) und der National Aeronautics and Space Administration (Nasa), eine Untersuchung gestartet, um den Hauptgrund für diese Flugunfälle genauer zu beleuchten, der, nicht bei technischem, sondern menschlichem Versagen angesiedelt war. Eine weitere Untersuchung seitens des National Aviation Transportation Boards (NTSB) hatte überdies gezeigt, dass bei mehr als 80 Prozent der Flugunfälle der Kapitän der fliegende Pilot gewesen war. Diese Zahl wirkte damals frappierend, denn der Kapitän war - und ist - im Cockpit der erfahrenere Pilot, selbst wenn Kapitäne und Copiloten meistens in etwa die gleiche Anzahl Flugstunden hinter sich haben. Wie sich herausstellte, lag die Crux im hierarchischen Gefälle zwischen den beiden. Kapitäne hatten Fehler oder Fehlentscheidungen ihrer Copiloten stets ohne weiteres korrigiert, umgekehrt war es ungleich schwieriger, wenn nicht unmöglich gewesen.

Angesichts dieser Tatsachen wurde das Crew-Resource-Management-Konzept (CRM) entwickelt, das die Zusammenarbeit im Cockpit unabhängig von der hierarchischen Position und insbesondere die offene Diskussion der Entscheidungen ermöglichen sollte, ganz gleich, ob sie vom Kapitän oder Copilot kamen. Auch die Schulungen und Prüfungen von Flugzeugbesatzungen, die sich bis dahin auf die fliegerischen Fähigkeiten konzentriert hatten, wurden auf die sogenannten Soft Skills wie Kommunikation und moderne Führungsmethoden ausgeweitet. Wie zu erwarten, waren die Kapitäne zunächst wenig begeistert, sie sahen das CRM als Bedrohung ihrer Autorität und Entscheidungsmacht und das Verhaltenstraining als Übergriff und dessen Inhalt als "Psychogeschwätz". Es dauerte fast ein Jahrzehnt, bis sie das CRM akzeptierten und die Vorteile der offenen Kommunikation im Cockpit als Erleichterung ihrer Arbeit erkannten. Doch im Lauf dieser Zeit hatte sich das menschliche Versagen bei Flugzeugunfällen in den Vereinigten Staaten von über 70 auf weniger als 30 Prozent verringert.

Es stellt sich an diesem Punkt die Frage, wie das CRM sich in den Unternehmensalltag integrieren lässt. Die Luftfahrt ist schließlich ein Hochrisikobereich, bei dem alle Beteiligten wissen, wie fatal Fehler sich auswirken können. Im Gegensatz dazu kommen Manager nicht jeden Tag mit dem Wissen zur Arbeit, dass sie für die körperliche Sicherheit Hunderter verantwortlich sind. Allerdings sind sie für ihre Geschäftsprozesse verantwortlich, den Erfolg ihrer Abteilung und die Arbeitsplatzsicherheit ihrer Mitarbeiter. Fehlermanagement ist demnach für jede Organisation relevant. Die ersten Schritte dazu wurden schon mit den Qualitätsmanagementprogrammen gemacht. Dennoch gibt es einen zentralen Unterschied zwischen traditionellen Ansätzen zur Vermeidung von Fehlern und dem in der Luftfahrt praktizierten Fehlermanagement: Im Unternehmensalltag werden Fehler in der Regel als Schwächen gesehen und stigmatisiert, wohingegen sie im modernen Fehlermanagement als unvermeidbarer Fakt menschlichen Verhaltens betrachtet werden. Zwar versuchen beide Methoden, Fehler zu vermeiden, doch die herkömmliche Art stellt sie in ein negatives Licht und verbindet sie für den, der den Fehler begangen hat, mit Verlegenheit, Scham und Angst vor der Sanktion. Im modernen Fehlermanagement hingegen werden diejenigen, die den Fehler gemacht haben, sich vielleicht über sich selbst ärgern, aber darüber hinaus wird ihnen nichts geschehen. Im Idealfall werden sie den Fehler zusammen mit ihren Kollegen analysieren und die Ursachen ausräumen.

Wie aber können wir das moderne Fehlermanagement konkret im Unternehmen umsetzen? Ein paar grundsätzliche Voraussetzungen müssen erfüllt werden:

Innere Einstellung: Fehler sind Teil menschlichen Handelns und lassen sich auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden. Das gilt für sämtliche Bereiche und Personen, einschließlich der Führungsebene. Wichtiger als die vergeblichen Versuche, hundertprozentige Fehlervermeidung anzustreben, sind die rechtzeitige Korrektur und die Fähigkeit, mit Fehlern konstruktiv umzugehen.

Sanktionsfreiheit: Fehler dürfen nicht sanktioniert werden. Angst vor Gesichtsverlust und Strafe führen dazu, dass Fehler vertuscht werden.

Walk the talk: Das offene, sanktionsfreie Prinzip muss top-down vorgelebt werden. Nur so werden Kollegen und Mitarbeiter die eigenen Fehler und die der anderen horizontal wie vertikal melden, ohne das Gefühl zu haben, sie denunzierten jemanden oder redeten sich um Kopf und Kragen.

Kommunikation: Die Fehlerkommunikation beruht auf Fakten und findet auf sachliche Weise statt.

Cross oder reality check: Situationen können unterschiedlich wahrgenommen und beurteilt werden. Ähnlich wie Kapitän und Copilot die Anzeigen ihrer Instrumente und - noch wichtiger - die Interpretationen dieser Angaben vergleichen, sollten auch Manager ihre Daten und Ableitungen daraus von Kollegen und Mitarbeitern prüfen lassen.

Reflexion: Um aus Fehlern zu lernen, müssen deren Ursachen gesucht und analysiert werden. In der Luftfahrt findet diese Analyse im Rahmen regelmäßiger Debriefings statt, die jeweils am Ende eines gemeinsamen Flugtages von den Besatzungen durchgeführt werden. Ähnlich regelmäßige Termine zur Fehlerbesprechung müssen in Unternehmen/Teams festgesetzt werden.

Schulung: Die Erfahrung aus der Luftfahrt zeigt, dass die Umsetzung von CRM nicht von heute auf morgen gelingt. Radikale Change-Konzepte nützen hier nichts; vorgelebte Überzeugungsarbeit, gepaart mit regelmäßiger - sprich, einmal jährlicher - eintägiger Schulung der Fehlermanagement-Prinzipien, genügt.

Reporting: Um Fehlerquellen zu reduzieren, empfiehlt es sich, Fehlerfälle in einer Sammlung aufzunehmen und allen im Unternehmen zugänglich zu machen.

Alle müssen lernen, Fehler ruhig und offen zu melden. Mit der Zeit wird dies leichter fallen, vor allem wenn jeder verstanden hat, dass es nie darum geht, einem anderen zu zeigen, wie unrecht er und wie recht man selbst hat.