TAX - NEWS

Klienteninformation, verfaßt von Mag. Johannes Meller
Ausgabe Nr. 29 vom Jänner 2007

Inhalt:

1.       Krankenversicherungsbeiträge steigen nach Koalitionsabkommen 2007 um 0,15 Prozentpunkte
2.       Neue Sozialversicherungswerte 2007
3.       Befreiung von Unfallversicherungsbeiträgen und Wohnbauförderungsbeiträgen nach dem NeuFöG
4.       Kombilohn
5.       Zuschüsse durch die AUVA bei Freizeit- und Arbeitsunfällen und für Krankenstände von Dienstnehmern in Höhe von 50 % des tatsächlich fortgezahlten Entgelts
6.       VfGH weitet Gesetzesprüfungsverfahren auf die gesamte Erbschaftssteuer aus
7.       Finanzamtszinsen ab 11.10.2006 um 0,25% erhöht
8.       Betrugsbekämpfungsgesetz: neue Vorschriften betreffend Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung ab dem 1.1.2007
9.       Aus dem Alltag der Betriebsprüfer: Ein Unglück kommt selten allein: Umsatzzuschätzung bei einer Kfz-Werkstätte
10.     Kein Vorzieheffekt beim Kfz-Leasing

 

1. Krankenversicherungsbeiträge steigen nach Koalitionsabkommen 2007 um 0,15 Prozentpunkte

Quelle: Die Presse vom 9.1.2007, S. 4-5

"Ins Gesundheitssystem fließt mehr Geld: Die Sozialversicherungsbeiträge werden um 

0,15 Prozentpunkte angehoben. Ob dies die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer oder beide zahlen müssen, sollen die Sozialpartner verhandeln.

Ab 2008 gibt es dafür eine Deckelung der Rezeptgebühr. Sie darf pro Jahr nicht mehr als zwei Prozent des Netto-Einkommens betragen.

Was die SPö wollte:

Um mehr Geld fürs Gesundheitswesen zu lukrieren, forderte sie eine zeitlich begrenzte Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage von 3840 auf 5000 Euro. Danach sollten auch Mieteinnahmen sozialversicherungspflichtig sein. Die Deckelung der Rezeptgebühr steht im SP-Programm.

Was die öVP wollte:

Keinerlei Beitragserhöhungen weder für alle, noch für einzelne Gruppen — bis wenige Tage vor der Einigung. Die ebenfalls beschlossene Strukturreform der Gebietskrankenkassen — eine Bundeskasse mit neun relativ eigenständigen Einzelkassen — ist hingegen eine langjährige Forderung der Volkspartei.

Kindergeld

18 Monate 800 Euro

Eltern haben künftig die Wahl: Sie können wie bisher bis zu 36 Monate lang (ein Elternteil 30, der zweite zumindest sechs Monate) 436 Euro pro Monat beziehen. Oder sie wählen bis zu 18 Monate (ein Elternteil 15, der zweite zumindest drei Monate) mit 800 Euro monatlich. Die Zuverdienstgrenze wird auf 16.200 Euro jährlich angehoben und jährlich valorisiert."

 

2. Neue Sozialversicherungswerte 2007

Quelle: SWK 1/2007 (S 001 ff) Die Lohnverrechnung 2007, Mag. Christa Kocher und Dkfm. Eduard Müller

Monatliche Geringfügigkeitsgrenze                              € 341,16

Monatl. Höchstbeitragsgrundlage 14 x jährlich                      € 3.840,00

(für Angestellte relevant)

Entspricht monatl. Höchst-BGL 12 x jährlich                        € 4.480,00

(für Selbständige relevant)

Jährl. Höchstbeitragsgrundlage                                             € 53.760,00

SV-freie Aufwandsentschädigung für Dienstnehmer

bzw. freie Dienstnehmer im Sport- und Kulturbereich          € 537,78

Lohnsteuerfreies Bruttogehalt 14x jährlich                            € 924,34

... mit Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrag        € 1.003,47

... für Alleinverdiener bzw. -erzieher mit einem Kind             € 1.031,73

 

SV-Beitragssätze 2007

Aufgrund der Reform des Gesundheitswesens wurde der Krankenversicherungsbeitrag um 0,1% befristet bis einschließlich 2008 angehoben und weiters die Harmonisierung der KV-Beiträge sowie der Ergänzungsbeitrag für Privatunfälle eingeführt. Die Beitragssätze 2007 betragen:

 

Dienstnehmer

Dienstgeber

Summe

 

Angestellte

18,00%

21,90%

39,90%

Davon DN: 0,5 % KU + 0,5 % WF

Arbeiter

18,20%

21,70%

39,90%

Davon DG: 0,7 % IE + 0,5 % WF

KU...Kammerumlage  WF...Wohnbauförderungsbeitrag IE...Insolvenzentgeltsicherungsfonds-Zuschlag

Wie unter 1. ausgeführt, ist eine Anhebung der SV-Beiträge um 0,15 Prozentpunkte zu erwarten.

 

3. Befreiung von Unfallversicherungsbeiträgen und Wohnbauförderungsbeiträgen nach dem NeuFöG

Quelle: SWK 1/2007 (S 001 ff) Die Lohnverrechnung 2007, Mag. Christa Kocher und Dkfm. Eduard Müller

Die durch das Neugründungs-Förderungsgesetz (NeuFöG) eingeführte Befreiung hinsichtlich der Wohnbauförderungsbeiträge und der Unfallversicherungsbeiträge für Betriebe, die nach dem 1. 5. 1999 neu gegründet werden, gilt unbefristet weiter. Neu gegründete Betriebe müssen im Kalendermonat der Neugründung und in den folgenden elf Kalendermonaten vom Entgelt ihrer Dienstnehmer, freien Dienstnehmer und Lehrlinge keine Wohnbauförderungs-beiträge und keine Unfallversicherungsbeiträge (Vordruck Neufö 1) entrichten.

Weitere Lohnnebenkosten zusätzlich zum Dienstgeberanteil Sozialversicherung:

Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (DB)

Der DB beträgt weiterhin 4,5 % der Beitragsgrundlage und ist bis zum 15. des nachfolgenden Monats zu entrichten. übersteigt die Beitragsgrundlage in einem Kalendermonat nicht den Betrag von 1.460 Euro, so verringert sie sich um 1.095 Euro.

Für neu gegründete Betriebe besteht im Kalendermonat der Neugründung und in den folgenden elf Kalendermonaten eine Befreiung vom Dienstgeberbeitrag.

Zuschlag zum DB (DZ)

Die als DZ bezeichnet Kammerumlage 2 beträgt in Wien 0,4% vom Bruttogehalt. Er ist je nach Bundesland unterschiedlich hoch und beträgt mind. 0,36% (Oö.) bzw. max. 0,44% (Burgenland und Tirol).

Bemessungsgrundlage ist die DB-pflichtige Lohnsumme. Zur Entrichtung des DZ sind nur solche Arbeitgeber verpflichtet, die Kammermitglieder im Sinne des Wirtschaftskammergesetzes sind.

Für neu gegründete Betriebe besteht im Kalendermonat der Neugründung und in den folgenden elf Kalendermonaten eine Befreiung vom Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Befreiung nach dem NeuFöG analog zur DB-Befreiung).

Kommunalsteuer

Die Kommunalsteuer ist von der Summe der Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind, zu entrichten. Die Kommunalsteuer beträgt weiterhin 3 % der Bemessungsgrundlage. übersteigt die Bemessungsgrundlage im Kalendermonat nicht den Betrag von 1.460 Euro, so verringert sie sich um 1.095 Euro.

4. Kombilohn

Quelle: SWK 1/2007 (S 001 ff) Die Lohnverrechnung 2007, Mag. Christa Kocher und Dkfm. Eduard Müller

Zur Förderung der Beschäftigung im Niedriglohnbereich wurde ab 1. 2. 2006 sowohl für bestimmte Dienstnehmer (unter 25 und über 45 Jahre, die länger als ein Jahr arbeitslos gemeldet sind) als auch für Dienstgeber ein Anreiz durch Förderung geschaffen. Von Kombilohn spricht man dann, wenn neben dem Entgelt, daß der Arbeitgeber zu leisten hat, weiterhin ein Teil des Arbeitslosengeldes bezogen wird. Das Arbeitslosengeld beträgt zwischen 5 und 50 % des vollen Bezuges, eine Entgeltobergrenze von insgesamt 1.000 Euro darf nicht überschritten werden.

Der Dienstgeber erhält einen Zuschuss vom AMS in Höhe von ca. 15 % des ausbezahlten Bruttoentgelts (auch für die Sonderzahlungen gibt es einen Zuschuss). Die Dauer der Förderung ist mit einem Jahr begrenzt. Regional kann die Förderung variieren. Der Antrag auf Förderung muss vor der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses gestellt werden.

 

5. Zuschüsse durch die AUVA bei Freizeit- und Arbeitsunfällen und für Krankenstände von Dienstnehmern in Höhe von 50 % des tatsächlich fortgezahlten Entgelts

Quelle: SWK 1/2007 (S 001 ff) Die Lohnverrechnung 2007, Mag. Christa Kocher und Dkfm. Eduard Müller

Die AUVA leistet seit 1. 10. 2002 einen Zuschuss bei Freizeit- und Arbeitsunfällen und ab 1. 1. 2005 auch für normale Krankenstände in Höhe von 50 % des tatsächlich fortgezahlten Entgelts einschließlich darauf entfallender Sonderzahlungen für die Dauer von je max. 42 Kalendertagen pro Arbeitsjahr.

Voraussetzungen bei Unfällen:

Der verunfallte Dienstnehmer (Arbeiter, Angestellte, Lehrlinge usw.) ist unfallversichert.
• Der Unternehmer beschäftigt in der Regel weniger als 51 Dienstnehmer, wobei diese   Voraussetzung auch dann erfüllt ist, wenn
- pro Jahr nicht mehr als 50 Dienstnehmer und an nicht mehr als 30 Tagen pro Jahr nicht mehr als 75 Dienstnehmer beschäftigt werden.
- max. 53 Dienstnehmer beschäftigt werden und die Zahl 50 nur deshalb überschritten wird, weil Lehrlinge und begünstigte Behinderte im Unternehmen beschäftigt werden.
• Die Antragsstellung erfolgt nach Ende der Entgeltfortzahlung (tunlichst elektronisch).
• Die Arbeitsunfähigkeit dauert länger als drei Kalendertage.
• Der Unfall hat sich nach dem 30. 9. 2002 ereignet.

Voraussetzung bei Krankenständen:
• Der Dienstgeber beschäftigt regelmäßig weniger als 51 Dienstnehmer (siehe oben).
• Der Dienstnehmer erhält Entgeltfortzahlung (daher auch für geringfügig beschäftigte
  Dienstnehmer).
• Die Arbeitsunfähigkeit dauert länger als zehn aufeinanderfolgende Kalendertage.
• Ab dem elften Tag wird für höchstens 42 Kalendertage 50 % des fortgezahlten Entgelts, wobei Sonderzahlungen mit einem Zuschlag von 8,34 % berücksichtigt werden, rückerstattet (für die ersten zehn Kalendertage erfolgt keine Erstattung). Die Rechtsmeinung der AUVA, wonach max. 32 Tage ausbezahlt werden, da die ersten zehn Tage Selbstbehalt auf das Höchstausmaß von 42 Tagen anzurechnen ist, wurde vom OGH nicht bestätigt. Laut OGH ist diese Bestimmung so zu verstehen, dass die Auszahlung vom 11. bis zum 52. Tag zu erfolgen hat (OGH vom 17. 8. 2006, 10 ObS 123/06w).
• Diese Tage müssen nach dem 31. 12. 2004 liegen.
• Die Antragsstellung erfolgt nach Ende der Entgeltfortzahlung (tunlichst elektronisch).
Der Antrag ist für Unfälle und für Krankenstände bei der jeweiligen Landesstelle der AUVA (entsprechende Formulare sind unter www.sozialversicherung.at abrufbar) zu stellen und hat folgende Daten zu enthalten:
1. Name des Dienstgebers und Adresse seines Betriebes,
2. Name und Versicherungsnummer bzw. Geburtsdatum des verunfallten Dienstnehmers,
3. Glaubhaftmachung der unfallbedingten Arbeitsverhinderung,
4. Rechtsgrundlage, Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung,
5. Angabe, ob das Arbeitsjahr das Kalenderjahr ist.

Die Zuschüsse werden im Nachhinein innerhalb eines Monats nach dem Ende jenes Quartals ausbezahlt, in dem der Antrag gestellt wurde, sofern die Antragstellung innerhalb von drei Jahren nach dem Beginn des Entgeltfortzahlungsanspruches erfolgt. Ist jedoch die Arbeitsverhinderung aufgrund eines Unfalls vor dem 1. 1. 2005 eingetreten, dann muss der Antrag innerhalb von zwei Jahren nach Ende der Entgeltfortzahlung gestellt werden.

 

6. VfGH weitet Gesetzesprüfungsverfahren auf die gesamte Erbschaftssteuer aus

Quelle: www.swk.at/news/?id=1698&archiv_tab=2007   Meldung vom 2.1.2007

Der Verfassungsgerichtshof hat beschlossen, sein Gesetzesprüfungsverfahren zur Erbschaftssteuer auszuweiten. Dies wurde aufgrund der Beratungen im bereits anhängigen Gesetzesprüfungsverfahren (Stichwort: "Einheitswerte") notwendig. In dem Prüfungsbeschluss (B 3391/05 vom 12. 12. 2006) , mit dem das Gesetzesprüfungsverfahren ausgeweitet wird, hat der VfGH grundsätzliche Bedenken gegen die Erbschaftssteuer an sich (und nicht mehr nur, wie bisher, gegen die Berechnung der Erbschaftssteuer für Grundstücke mittels Einheitswert) formuliert. Es sei möglicherweise nicht ausreichend, lediglich die Bemessung der Erbschaftssteuer für Grundbesitz auf Grundlage des Einheitswerts als verfassungswidrig aufzuheben. Dies würde weitere verfassungsrechtliche Bedenken auslösen. So heißt es in dem Prüfungsbeschluss: "Zum einen wäre es anscheinend nicht zu begründen, dass Liegenschaftsvermögen, das hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Funktion und schweren Verwertbarkeit eine Sonderstellung einnimmt, mit Mobiliar- und Finanzvermögen - soweit dieses steuerpflichtig ist - erbschaftssteuerrechtlich grundsätzlich gleich gestellt wird. Möglicherweise wäre es im Hinblick auf die funktionellen Unterschiede innerhalb des Grundbesitzes selbst (land- und forstwirtschaftliche Betriebe, unbebaute Grundstücke, Einfamilienhäuser etc.) auch unsachlich, wenn die derzeit durch die Regeln über die Einheitsbewertung grundsätzlich bewirkte Differenzierung in der Bewertung der verschiedenen Arten von Grundbesitz durch die schematische Bewertung mit dem gemeinen Wert abgelöst würde." Mit einer Entscheidung des VfGH, ob die Erbschaftssteuer tatsächlich verfassungswidrig ist oder nicht, wird im Laufe des Frühjahrs zu rechnen sein. Mehr dazu auf der Homepage des VfGH unter www.vfgh.gv.at

 

7. Finanzamtszinsen ab 11.10.2006 um 0,25% erhöht

Auf Grund der Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank stieg in österreich der Basiszinssatz mit Wirkung ab 11. 10. 2006 auf 2,67 %.

Der Zinssatz für Anspruchszinsen und Aussetzungszinsen

beträgt daher seit 11. Okt. 2006                                                      4,67 %.

für Stundungszinsen                                                                       7,17 %.

Der Zinssatz für Stundungszinsen liegt 4,5% über dem Basiszinssatz (§ 212 Abs. 2 BAO),

für Aussetzungszinsen 2% über dem Basiszinssatz (§ 212a Abs. 9 BAO),

für Anspruchszinsen ebenfalls 2 % über dem Basiszinssatz (§ 205 Abs. 2 BAO).

 

8. Betrugsbekämpfungsgesetz: neue Vorschriften betreffend Ordnungsmäßigkeit von Buchhaltungen ab 1.1.2007

 

Quelle: Gewinn-Steuerseminar 20. Okt. 2006, Hackl & CO, Wien, S. 76 f, Hervorhebungen durch Mag. Meller

Ziel der änderungen der §131 und §163 BAO ist die Bekämpfung des Steuerbetruges und der erleichterte Einsatz der Prüfsoftware des Finanzamtes. Tatsächlich wird der Druck auf die Steuerpflichtigen insofern verstärkt, als sie Gefahr laufen, ihre Steuer auf Basis geschätzter Bemessungsgrundlagen entrichten zu müssen, wenn sie nicht ordnungsgemäße Aufzeichnungen führen.

 

  • Schätzung bei Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Aufzeichnungen und bei mangelnder Sachaufklärung durch den Steuerpflichtigen (§ 163 Abs 2 BAO)

Der neu angefügte Abs 2 zu § 163 BAO führt als Grund, die sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen insbesondere an, daß Bemessungsgrundlagen nicht ermittelt und berechnet werden können und daß eine überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen nicht möglich ist. Bei mangelnder Bereitschaft, an der Sachaufklärung mitzuwirken, kann die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen in Zweifel gezogen werden und daraus die Schätzungsverpflichtung nach § 184 BAO abgeleitet werden.

Der dadurch erleichterte Zugang zur Schätzungsbefugnis des Finanzamtes wird noch dadurch unterstützt, dass die Anforderungen an die Richtigkeit und Vollständigkeit (s.o.) "hinaufgeschraubt" wurden, wie folgt:

  • Hervorheben der zentralen Bedeutung der Grundaufzeichnungen für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung  (§ 131 Abs 1 BAO)

§ 131 verankert den "sachverständigen Dritten" durch die Ergänzung, daß Bücher und Auszeichnungen so zu führen sind, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen überblick über die Geschäftsfälle vermitteln können und stellt klar, daß sich die einzelnen Geschäftsfälle und ihre Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen sollen.

Dies bedeutet für Klein- und Mittelunternehmer eine umfassende Dokumentationspflicht der Grundaufzeichnungen. Damit die Geschäftsfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung auch später nachgeprüft werden können, sind natürlich auch Aufbewahrungspflichten zu erfüllen!

  • Aufzeichnung aller Bareinnahmen und Barausgaben bezogen auf die einzelnen Geschäftsfälle (§ 131 Abs 1 Z 2 BAO)

Die bisherige Bestimmung, wonach Unternehmer, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtung oder freiwillig Bücher führen, ihre "Bareingänge und Barausgänge täglich in geeigneter Weise festzuhalten haben" wird ersetzt durch: "sollen alle Bareingänge und Barausgänge täglich einzeln festhalten".

Zusätzlich müssen (sollen) auch jene Abgabenpflichtige (Anmerkung: kleine und kleinste Einnahmen- / Ausgabenrechner), die keine Bücher führen und ihre Bareinnahmen und Barausgaben nach § 126 Abs 2 BAO aufzeichnen, alle Bareinnahmen und Barausgaben einzeln festhalten!

Diese Anforderungen werden z.B. bei folgenden Methoden der Losungsermittlung NICHT erfüllt und bedeuten das endgültige AUS dieser Methoden:

Ø           Losungsermittlung durch "Kassasturz" = Vergleich des Kassastandes am Tagesanfang und am Tagesende

Ø           Losungsermittlung durch "Warenstandvergleich" = Vergleich des Warenstandes am Tagesanfang und am Tagesende

Ø           Losungsermittlung aus EDV-Tagesjournal = Berechnung der Tageslosung aus EDV-Tagesjournal, das lediglich die Tagessumme pro verkauften Produkt anzeigt

Dem BMF wurde die Möglichkeit eingeräumt, mittels einer Verordnung Erleichterungen zu schaffen. Die erwartete Verordnung wird die Gewährung der Erleichterungen voraussichtlich von bestimmten Umsatzgrenzen abhängig machen.

  • Elektronisches Radierverbot für Aufzeichnungen mittels Datenträgern (§ 131 Abs 1 Z 6 BAO)

Das bisherige "Radierverbot" gem. § 131 Abs 1 Z 6 wird auf "elektronisches Radierverbot" ausgeweitet. Bei Verwendung von Datenträgern muß ermöglicht werden, daß bei nachträglicher änderung einer Eintragung oder Aufzeichnung der ursprüngliche Inhalt eines jeden einzelnen Geschäftsfalles, z.B. durch entsprechende Protokollierung, erhalten bleibt.

  • Nachvollziehen von Summenbildungen (§131 Abs 2 BAO)

Bei maschineller Erfassung der einzelnen Geschäftsfälle sollen künftig auch die Summenbildungen "nachvollziehbar" sein.

Gemeint sind insbesondere Summenbildungen wie z.B. von verdichteten Zahlen beim Aufbuchen von Bankbewegungen auch z.B. in Form von Splittbuchungen. Gemeint sind weiters z.B. Summenbildungen in Ausgangsrechnungen, die sich aus Lieferscheinen oder aus Bestellscheinen ableiten. Die in solchen verdichteten Zahlen enthaltenen Einzelbeträge sollen leicht nachgeprüft werden können.

  • Verwendung von Datenträgern: Vollständige, richtige Erfassung und Wiedergabe aller Geschäftsvorfälle (§ 131 Abs 3 BAO)

§ 131 Abs 3 BAO gibt Anweisungen, wie Bücher und Aufzeichnungen unter Verwendung von Datenträgern zu führen sind. Die Ergänzung des § 131 Abs 3 BAO betrifft zusätzlich zu der  bisher schon geregelten richtigen und vollständigen Erfassung eines Geschäftsfalles die vollständige und richtige Wiedergabe des Geschäftsfalles im Falle der Verwendung von Datenträgern.

Das heißt, es ist das Mitschreiben in Form von Datenprotokollen, aus denen die Entstehung und Abwicklung der einzelnen Geschäftsfälle verfolgt werden können, erforderlich und zwar nicht nur in der Hauptbuchhaltung sondern auch bei den Grundaufzeichnungen, wenn Grundaufzeichnungen auf Datenträgern aufgezeichnet werden. Die Finanzverwaltung kann künftig nicht nur die Buchhaltungsdaten, sondern auch die Aufzeichnungen von elektronischen Registerkassen und anderen über EDV geführten Grund- und Nebenaufzeichnungen auf Datenträgern verlangen.

  • Anwendung von EXCEL oder vergleichbaren Tabellenkalkulations-Programmen (BAO-Erlaß 19/44, BMF v. 26.8.2002)

Gem. § 131 Abs 1 Z 2 BAO sollen Eintragungen in Bücher und Aufzeichnungen der Zeitfolge nach geordnet, vollständig, richtig und zeitgerecht vorgenommen werden. Weiters dürfen Eintragungen "...nicht mit leicht entfernbaren Schreibmitteln erfolgen. An Stellen, die der Regel nach zu beschreiben sind, sollen keine leeren Zwischenräume gelassen werden. Der ursprüngliche Inhalt einer Eintragung soll nicht mittels Durchstreichens oder auf andere Weise unleserlich gemacht werden. Es soll nicht radiert und es sollen auch solche Veränderungen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit ungewiß lässt, ob sie bei der ursprünglichen Eintragung oder erst später vorgenommen worden sind".

Zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen dürfen auch Datenträger verwendet werden, wobei die vollständige und richtige Erfassung aller Geschäftsvorfälle durch entsprechende Einrichtungen gesichert werden soll (§ 131 Abs 3 BAO). Die Einhaltung der für die händische Buchführung formulierten Kriterien erlaubt es, Art, Zeitpunkt und Inhalt der Eintragungen im nachhinein überprüfen zu können. Umgelegt auf die Anforderungen an die EDV-Buchführungen bedeutet das, dass entweder das Softwareprodukt selbst keine nachträglichen Eintragungen, Veränderungen oder Ausbesserungen zulässt oder ein Begleitprodukt die laufenden Eintragungen protokolliert und somit mittelbar vor allem die Einhaltung der Zeitgerechtheit und Zeitfolge dokumentiert wird.

Nicht entscheidend ist, ob die Aufzeichnungen händisch oder EDV-unterstützt geführt werden, sondern lediglich das Einhalten bestimmter Ordnungsmäßigkeitskriterien ist für das Vorliegen einer ordnungsmäßigen Buchführung entscheidend.

Theoretisch könne eine ordnungsmäßige Buchführung daher auch in einer Tabellenkalkulation realisiert werden, wenn (durch das Gesamtsystem, also auch das Betriebssystem oder den Einsatz von Zusatzprogrammen) zusätzlich sichergestellt sei, dass Hauptbuchkontensalden fortgeschrieben werden, nur zur Buchung befugte Personen Buchungen vornehmen können (die ex post auch identifiziert werden können) und Buchungen nachträglich nicht mehr verändert (oder gelöscht) werden können.

Für die Führung z.B. eines Kassa- oder Wareneingangsbuches darf daher ein Tabellenkalkulationsprogramm verwendet werden, wenn die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beachtet oder durch entsprechende Zusatzeinrichtungen beachtbar gemacht werden. Andernfalls sind diese Aufzeichnungen (formell) nicht ordnungsmäßig; die Vermutung des § 163 BAO kommt nicht zum Tragen. Nach Ansicht des BMF wäre es jedoch verfehlt, aus der Verwendung eines solchen Programms für sich allein eine materielle Nichtordnungsmäßigkeit abzuleiten. Die inhaltliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen darf lediglich nicht vorausgesetzt, sondern muß im Einzelfall vom Abgabenpflichtigen nachgewiesen und glaubhaft gemacht werden.

Quelle: Umstellung des Rechnungswesens bis zum 1. 1. 2007?
Die neuen Bestimmungen im überblick
Von Ing. Dr. Axel Kutschera SWK 34/35 2006 S968 ff

Technisch ist es kaum (praktikabel) möglich, die Unveränderbarkeit der auf Datenträgern gespeicherten Informationen über Geschäftsvorfälle zu garantieren. Das ändern einer Datei oder eines Datenbankinhaltes auf Festplatte oder das neuerliche Erstellen einer CD oder DVD kann beispielsweise nur schwer nachgewiesen werden.

Soll die "Protokollierung der Datenerfassung und nachträglicher änderungen" EDV-gestützt vorgenommen werden - diese Forderung kann ja auch "auf Papier" erfüllt werden -, müssen viele Rechnungswesen-Programme "umprogrammiert" werden. Bei manchen Systemen kann dies aus rein technischen Gründen jedoch unrealisierbar sein

So bleibt der Tipp, zum Beweis des unveränderten Inhaltes der elektronischen Informationen eine dauerhafte Wiedergabe (= Ausdruck auf Papier) zu erstellen und zu archivieren. Dies scheint jedoch nicht besonders rationell zu sein.

Anmerkungen von Mag. Meller:

Ein Buchungsjournal, das manuell nicht mehr verändert werden kann, kann mit Excel nur schwer programmiert werden. EA-Rechnungs-Datenbankprogramme sind insofern vorteilhaft, als der Ausdruck eines endgültigen, nicht mehr änderbaren Buchungsjournals möglich ist, jedoch haben diese andere schwerwiegende Nachteile für EA-Rechner, wie: EA-Rechnungs-Datenbankprogramme sind meistens "abgespeckte" Versionen von Programmen für doppelte Buchhaltung, die ohne Kenntnisse von doppelter Buchhaltung nur schwer bedienbar sind. Manche Steuerberater ziehen daraus den Schluß, daß sie ihren Klienten davon abraten, ihre EA-Rechnung zukünftig selbst zu erstellen. Das ist jedoch nicht im Sinne von Klienten, die gerne selbst einen überblich über ihre EA-Rechnung haben und hat folgende weitere Nachteile: Der Anwender muß Anschaffungskosten von ca. € 250,00 plus jährliche Updatekosten bezahlen und evtl. an einer Programmeinschulung teilnehmen. Mehrere Buchungsjahre sind in einer Programmdatei, so daß der Steuerberater nicht gleichzeitig an einem Jahr arbeiten und der Klient währenddessen im laufenden Jahr weiterbuchen kann.

Zum Beweis des unveränderten Inhaltes der Exceldatei empfehle ich Ihnen, das monatliche bzw. quartalsweise Buchungsjournal jeweils vor dem Fälligkeitstermin der Umsatzsteuer mit dem Computersystemdatum auszudrucken. Nehmen Sie nach der Umsatzsteuerzahlung keine nachträglichen Buchungen in diesem Monat bzw. Quartal mehr vor, sondern buchen Sie allfällige vergessene Belege im nächsten Monat bzw. Quartal nach.

Im Anschluß daran ein Fallbeispiel betreffend eine Schätzung nach einer Betriebsprüfung.

 

9. Aus dem Alltag der Betriebsprüfer: Ein Unglück kommt selten allein:
Umsatzzuschätzung bei einer Kfz-Werkstätte
von Dr. Felix Blazina  (Gruppenleiter der Großbetriebsprüfung Wien),
Quelle: SWK 7/2006 S 287 f

Nicht genug, dass man eine Betriebsprüfung über sich ergehen lassen muss, welche das betroffene Unternehmen in der Regel nicht gerade in eine heitere Stimmung versetzt, gesellt sich manchmal noch andere Unbill hinzu, quasi in Erfüllung des Gesetzes der Serie, wie nachstehende Begebenheit demonstriert.

1. Ausgangslage

Ein junger, ambitionierter Finanzer wurde mit der Prüfung eines Autohändlers mit angeschlossener Kraftfahrzeugwerkstätte beauftragt. Der Kollege ging an die Sache generalstabsmäßig heran, indem er unter anderem das so genannte "Brancheninformationssystem" der Finanzverwaltung studierte. Hierbei handelt es sich um eine Datenbank betreffend wirtschaftliches und rechtliches Material verschiedener Branchen (Besonderheiten, übliche Rohaufschläge, Kalkulationsunterlagen, Spezialgesetze, richtungsweisende Erkenntnisse der Höchstgerichte etc.), die auf jedem Laptop der Betriebsprüfer installiert ist. Dort fand der Prüfer auch ein besonderes Kalkulationsschema vor, das ihn auf die Idee brachte, die Leistungserlöse des Unternehmens nachzukalkulieren. Er ermittelte für die gesamte Belegschaft des Betriebes die geleisteten produktiven Arbeitsstunden und multiplizierte die sich ergebende Summe mit jenem Nettostundensatz, der den Kunden in Rechnung gestellt wurde. Der vom Prüfer berechnete Wert lag freilich um einiges über dem vom Unternehmen verbuchten Leistungsumsatz, weshalb der Verdacht hinsichtlich getätigter Schwarzumsätze aufkeimte. Außerdem stießen dem Betriebsprüfer noch unrealistisch hohe Kassastände sauer auf.

2. Schätzungsbefugnis gem. § 184 Abs 3 BAO

Aufgrund dieser Umstände gelangte der Prüfer zu dem Schluss, dass die im Rechenwerk ausgewiesenen Erlöse nicht mit der Lebenswirklichkeit übereinstimmen können. Zumal das Resultat der Nachkalkulation erheblich von dem in der Buchhaltung ausgewiesenen Umsätzen abwich, war die Annahme der sachlichen Unrichtigkeit der Bücher gerechtfertigt, was eine Schätzungsberechtigung gemäß § 184 Abs 3 BAO begründete. Nach der Judikatur des VwGH liegt ein wesentliches Abweichen vom Ergebnis der Buchführung dann vor, wenn der von der Behörde ermittelte Umsatz um mehr als 10 % von der ausgewiesenen Bemessungsgrundlage differiert. Hierbei handelt es sich aber um keine starre Grenze, da ein Unternehmer seine Preiskalkulation frei gestalten kann und muss, um gegebenenfalls auf eingetretene änderungen in der Konkurrenzsituation zu reagieren. Außerdem kann der Abgabepflichtige eine drohende Schätzung noch vermeiden, indem er für die vom Betriebsprüfer festgestellten Differenzen eine plausible Erklärung liefert. Um dem Unternehmer dazu Gelegenheit zu geben bzw. zur Wahrung des Parteingehörs wurde im gegenständlichen Fall auch eine Besprechung abgehalten.

3. Besprechung

Im Zuge dieser Unterredung, die im Büro des Autohändlers im Beisein seines Steuerberaters stattfand, wurden die angedachten Prüfungsfeststellungen vom Prüfer vorgetragen, den zwecks Ausgewogenheit der Kräfteverhältnisse noch sein Gruppenleiter begleitete. Zentrales Thema war natürlich die aufgestellte Kalkulation und die darauf basierende in Aussicht genommene Umsatzzuschätzung. Gefeilscht wurde vor allem bei jenen Variablen, die einen wesentlichen Einfluss auf die produktive Arbeitszeit ausüben, wie Neu- und Gebrauchtwagenaufbereitung, Garantieleistungen, Stehzeiten, Lehrlings- und Unternehmerstunden. Auch die laufend hohen Kassastände kamen aufs Tapet, die der Unternehmer als Charakteristikum seiner Branche und mit seinen Einnahmen aus Autoverkäufen erklärte. Da man sich ohnehin vor Ort befand, forderte der Prüfer den Unternehmer auf, mit einem Kassasturz sogleich den Beweis für seine Behauptung anzutreten. Auf dieses Ansinnen verlor Letzterer etwas die Kontenance und sagte, dass ein Kassasturz zuletzt unter dem Regime des "Adolf" erfolgt sei.

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4. Crash Just in dem Moment, als die heftig geführte Diskussion um Zuschätzung und Kassasturz auf ihrem Höhepunkt wogte, gab es plötzlich in der an das Büro angrenzenden Werkstatt einen heftigen metallischen Knall. Danach herrschte für Sekundenbruchteile absolute Stille, worauf aber umso deutlicher von jemandem mehrere lautstarke Flüche zu vernehmen waren, die hier in deren Wortlaut nicht wiederzugeben sind. übles ahnend sprang der leidgeprüfte Unternehmer mit hochrotem Kopf von seinem Chefsessel auf und eilte in die benachbarte Werksatt. Dort bot sich ihm folgendes Bild: Zwei Autos waren ineinander gekracht, es hatte sich das Paradoxon eines Verkehrsunfalls innerhalb einer Reparaturwerkstatt ereignet. Wie konnte es dazu kommen? Einer der beteiligten Pkw hatte sich zuvor auf der Hebebühne zwecks Erneuerung der Bremsklötze befunden. Danach wurde die Bühne wieder herabgelassen und ein Mechaniker wollte offenbar mit dem Vehikel aus der Werkstatt fahren. Dabei dürfte der gute Mann vergessen haben, gleich nach dem Einsteigen und noch im Fahrzeugstillstand mehrmals das Bremspedal zu betätigen, damit sich die Bremsklötze wieder an die Bremsscheiben anlegen. Dieses Versäumnis hatte zur Folge, dass beim ersten Bremsvorgang absolut keine Bremswirkung vorhanden war und das Kfz ungebremst in ein anderes rauschte, das nach einer vorgenommenen Havariereparatur aus der Lackierbox kommend gerade in neuem Glanz erstrahlte. Der währte jedoch nur kurz. Aufgrund der Feindberührung war der frisch lackierte Pkw wieder ein Fall für den Blechschuster und das zuvor havariefreie Auto ebenfalls. Kein Schaden ohne Nutzen: Wenigstens mussten die beiden beleidigten Kfz nicht weit in eine Werkstatt zur Reparatur fahren.

5. Finale Verständlicherweise machte das Malheur mit den Autos den Unternehmer noch mehr heiß, doch dafür konnte die Betriebsprüfung nun wirklich nichts. Zwar wurde zwecks Befriedung der Situation auf die Vornahme eines Kassasturzes verzichtet, doch mangels handfester bzw. nachvollziehbarer Argumente zur Entkräftung der seitens des Betriebsprüfers schlüssig aufgestellten Kalkulation musste das Unternehmen eine Umsatzzuschätzung hinnehmen.

 

10. Kein Vorzieheffekt beim Kfz-Leasing

Quelle: SWK 16/17/2006 (S 487) Kfz-Leasing ist anders
von Dr. Stefan K. Papst, Assistent in Ausbildung am Institut für Finanzrecht der Universität Wien

Aufgrund der Verwaltungspraxis kann beim Mobilienleasing ertragsteuerlich ein Vorzieheffekt erreicht werden. Allerdings wird dies im Bereich des Kfz-Leasings durch die gesetzlich vorgeschriebene Mindestnutzungsdauer unmöglich gemacht. Die unterschiedliche Behandlung von Kfz-Leasing aufgrund des Gesetzes einerseits und herkömmlichen Mobilien-Leasingverträgen aufgrund der Verwaltungspraxis andererseits ist nicht verständlich.

1. Kaufoption

Nach den EStR 2000 führt die Möglichkeit des Erwerbes des Leasinggutes nach Ablauf der Grundmietzeit nur dann zur Zurechnung des Leasinggutes zum Leasingnehmer, wenn der Ausübungspreis weniger als den halben Restbuchwert beträgt. Hohe Leasingraten während der Grundmietzeit machen es möglich, dass der Leasinggeber das Leasinggut dem Leasingnehmer zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Preis überlassen und dennoch gewinnbringend arbeiten kann. Die Folge ist ein Vorzieheffekt für Betriebsausgaben.

Diese Möglichkeit, einen Vorzieheffekt zu erreichen, besteht beim Kfz-Leasing nicht. Hier ist die in § 8 Abs 6 Z 1 EStG vorgesehene Mindestnutzungsdauer auch dann anzuwenden, wenn eine Leasingkonstruktion als Finanzierungsalternative gewählt wird: übersteigen die in den Leasingraten enthaltenen Anteile der Anschaffungskosten des Kfz die AfA beim Vermieter, ist für den Unterschiedsbetrag ein Aktivposten zu bilden (§ 8 Abs 6 Z 1 EStG). Beim Kfz-Leasing ist also gerade derjenige Betrag zu aktivieren, durch den beim herkömmlichen Mobilienleasing ein Vorziehen von Betriebsausgaben erreicht wird. Die Umgehung der Mindestnutzungsdauer durch Leasingkonstruktionen wird für Kfz durch den Aktivposten unmöglich gemacht; der Leasingnehmer kann immer nur den Teil der Anschaffungskosten des Kfz als Betriebsausgabe ansetzen, der der herkömmlichen AfA entspricht. (Hervorhebung durch Mag. Meller)

Am Ende der Grundmietzeit kann der Leasingnehmer das Kfz kaufen, es dem Leasinggeber zurückstellen oder einfach weiterleasen. Unabhängig von der gewählten Variante ist der Aktivposten "so aufzulösen, dass der auf die Anschaffungskosten entfallende Gesamtbetrag der Aufwendungen jeweils den sich aus § 8 Abs. 6 Z 1 ergebenden Abschreibungsgrundsätzen entspricht." Im Ergebnis wird dadurch eine vorzeitige Abschreibung beim Kfz-Leasing verhindert.

Der Gesetzgeber hat also die Vorziehproblematik im Zusammenhang mit Leasingkonstruktionen erkannt - für den Kfz-Bereich wurde dieses Problem mit § 8 Abs 6 Z 2 EStG auf Gesetzesebene gelöst. Auch nach den EStR 2000 erfolgt "im Ergebnis eine Umstellung von Leasingaufwand zu AfA". Hingegen besteht beim herkömmlichen Mobilienleasing keine solche gesetzliche Regelung. Die Verwaltungspraxis nimmt dies zum Anlass, den genau entgegengesetzten Weg zu § 8 Abs 6 Z 2 EStG zu gehen. Sie erkennt beim herkömmlichen Mobilienleasing den halben Restbuchwert als wirtschaftlich ausschlaggebenden Betrag an und ermöglicht dadurch einen Vorzieheffekt.

2. Deutschland

In Deutschland wird für die Zurechnung des Leasinggutes zum Leasinggeber verlangt, dass bei Ausübung einer Kaufoption zumindest noch der gesamte Restbuchwert zu leisten ist. Die vorzeitige Abschreibung wird dadurch nicht nur im Bereich des Kfz-Leasings, sondern für das gesamte Mobilienleasing vermieden.

Dass in Deutschland im Vergleich zu österreich dennoch eine günstigere Abschreibung von Kfz aufgrund einer allgemein kürzeren Nutzungsdauer (sechs Jahre laut AfA-Tabelle) möglich ist, ändert an der fehlenden vorzeitigen Abschreibungsmöglichkeit durch Leasingkonstruktionen in Deutschland nichts. Denn in Deutschland beträgt die Kfz-Nutzungsdauer sechs Jahre, unabhängig davon, ob als Finanzierungsvariante eine Leasingkonstruktion gewählt wurde oder nicht. Es werden in Deutschland also Kfz-Leasing und herkömmliches Mobilienleasing gleich behandelt, während in österreich Kfz-Leasing und herkömmliches Mobilienleasing ungleich behandelt werden. Die allgemein kürzere Nutzungsdauer von Kfz in Deutschland kann eine Ungleichbehandlung von Kfz-Leasing und herkömmlichem Mobilienleasing in österreich nicht begründen.

3. IFRS

Auch die internationalen Rechnungslegungsstandards sind bedeutend strenger als die österreichische Verwaltungspraxis zum herkömmlichen Mobilienleasing. Zwar verlangt auch IAS 17.10 (b), dass der Ausübungspreis der Kaufoption deutlich niedriger als der zum Ausübungszeitpunkt beizulegende Zeitwert des Leasingobjektes sein muss, jedoch wird bereits eine zehnprozentige Abweichung vom Zeitwert als deutlich niedriger angesehen. Liegt der Ausübungspreis 10 % unter dem Zeitwert des Leasingobjektes, kommt es zu einer Zurechnung des Leasingobjektes zum Leasingnehmer. Ein Betrag von 90 % des Zeitwerts ist i. d. R. bedeutend höher als der halbe Restbuchwert - die internationale Zurechnungsregel ist bedeutend strenger als die österreichische. Selbst im Vergleich zur deutschen Regelung (= gesamter Restbuchwert) greift die IFRS-Regelung früher.

Unter Beachtung der Internationalen Rechnungslegungsstandards ist der in österreich gebräuchliche Vollamortisationsvertrag jedenfalls als Finanzierungsleasing zu sehen. Daher kommt es in diesen Fällen auf internationaler Ebene immer zu einer Zurechnung des Leasinggutes zum Leasingnehmer.

4. Ergebnis

Finanzierungsleasing führt beim Kfz-Leasing jedenfalls zur Bildung des Aktivpostens, wodurch ein Vorzieheffekt unmöglich gemacht wird. Für den Kfz-Bereich ist in den EStR 2000 klargestellt, dass sowohl Voll- als auch Teilamortisationsverträge unter das Finanzierungsleasing fallen. Diese Klarstellung wäre jedoch nicht nur für den Kfz-Bereich, sondern für die allgemeinen Regelungen der EStR zum Leasing wünschenswert.

Ebenso verhält es sich mit der Aussage, dass als "Operatingleasing nur ein Leasingvertrag (Mietvertrag) zu verstehen ist, bei dem [unter anderem] eine allfällige Kaufoption nur zum Marktwert ausgeübt werden kann, bzw. der Leasingnehmer nicht damit rechnen kann, das geleaste Fahrzeug unter dem Marktpreis erwerben zu können."

Die Vorgangsweise der EStR 2000 im Bereich des Kfz-Leasings wäre gerade im internationalen Kontext auch für den Bereich des herkömmlichen Mobilienleasings wünschenswert.